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Themen dieser Ausgabe

  • Anscheinsbeweis beim Firmenwagen
  • Arbeit-von-Morgen-Gesetz
  • Arztkosten nach Arbeitsweg-Unfall
  • Schuldzinsenabzug bei Immobilien-Darlehen
  • Corona-Steuerhilfegesetz
  • Steuerfreier Spekulationsgewinn trotz Vermietung

 

Wichtige Termine: Steuer und Sozialversicherung im Juli 2020

10.7.2020 Umsatzsteuer; Lohnsteuer, Kirchensteuer zur Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag
Zahlungsschonfrist bis zum 13.7.2020 (gilt nicht bei Barzahlungen und Zahlungen per Scheck)
29.7.2020 Fälligkeit der Beitragsgutschrift der Sozialversicherungsbeiträge beim Sozialversicherungsträger am 29.7.2020
Einreichen der Beitragsnachweise bei der jeweiligen Krankenkasse (Einzugsstelle) bis zum 27.7.2020

 

Unternehmer

Anscheinsbeweis beim Firmenwagen

Der sog. Anscheinsbeweis, dass ein betriebliches Kfz auch privat genutzt wird, kann dadurch widerlegt werden, dass der Unternehmer privat noch ein anderes Fahrzeug besitzt, dessen Status und Gebrauchswert mit dem des unternehmerischen Kfz vergleichbar ist. Ein älterer Mercedes Benz C 280 T (Baujahr 1997), der privat genutzt wird, ist mit einem Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet (Baujahr 2012), der sich im Betriebsvermögen befindet, unter diesen Gesichtspunkten vergleichbar, so dass für den Fiat keine Privatnutzung als Entnahme angesetzt werden muss.

Hintergrund: Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz wird als Entnahme versteuert, und zwar mit 1 % des Bruttolistenpreises des Kfz pro Monat, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird. Allerdings ist zu prüfen, ob überhaupt eine Privatnutzung des Kfz erfolgt ist. Finanzverwaltung und Rechtsprechung gehen hier von einem sog. Anscheinsbeweis aus, d. h. grundsätzlich spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt wird. Allerdings kann dieser Anscheinsbeweis widerlegt werden.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Kommanditgesellschaft (KG), deren alleiniger Kommanditist der X war. X war alleinstehend und hatte keine Kinder. Zum Betriebsvermögen der KG gehörte im Jahr 2013 ein Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet (Kastenwagen), der mit fünf Sitzen ausgestattet war, aber kein sog. Werkstattwagen war. Die hinteren Fenster waren also nicht verblendet, und der Wagen hatte auch keine Einbauten für Werkzeuge. Der Fiat war im Jahr 2012 neu angeschafft worden; der Bruttolistenpreis betrug 18.500 €. X besaß privat einen Mercedes Benz C 280 T mit Erstzulassung Juli 1997, den er im Jahr 2004 erworben hatte. Der Wert des Mercedes hatte im Jahr 1997 umgerechnet ca. 45.000 € betragen. Das Finanzamt ging von einer Privatnutzung des Fiat aus und setzte als Entnahme 2.220 € an, nämlich 1 % von 18.500 € x 12 Monate. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt:

  • Eine Privatnutzung des Fiat im Jahr 2013 stand nicht fest. Zwar spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass ein betriebliches Kfz auch privat genutzt wird. Dieser Anscheinsbeweis gilt im Grundsatz auch für einen Kastenwagen wie hier für den Fiat Doblo, wenn dieser nicht als Werkstattwagen ausgebaut ist, sondern als Fünfsitzer.
  • Der Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, dass dem Steuerpflichtigen für private Fahrten ein nach Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung steht. Es gibt dann keinen nachvollziehbaren Grund, das betriebliche Kfz für Privatfahrten zu nutzen. Selbst wenn das private Fahrzeug mit dem betrieblichen Fahrzeug nicht vergleichbar ist, kann der Anscheinsbeweis umso leichter erschüttert werden, je geringer der Unterschied zwischen den beiden Fahrzeugen ist.
  • Der Mercedes Benz C 280 war vom Status und Gebrauchswert her mit dem Fiat Doblo vergleichbar.
  • Unter dem Status ist das „Prestige“ zu verstehen, das bei einem Mercedes Benz höher ist als bei einem Fiat. Hierfür spricht auch der hohe Neuwagenpreis des Mercedes, der im Jahr 1997 ca. 45.000 € betrug, während der Fiat lediglich rund 20.000 € kostete.
  • Der Gebrauchswert richtet sich nach Kriterien wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung. Der Motor des Mercedes war deutlich leistungsstärker als der des Fiat. Das Raumangebot war gleichwertig, da es sich bei beiden Kfz um Fünfsitzer handelte. Nur beim Kofferraumvolumen lag der Fiat vor dem Mercedes. Die sonstige Ausstattung war beim Mercedes höherwertiger, jedoch älter. Unbeachtlich ist, dass der Mercedes aufgrund seines Alters reparaturanfälliger war. Denn der Anscheinsbeweis ist umso leichter erschüttert, je geringer die Unterschiede zwischen den beiden Fahrzeugen ausfallen.

Hinweise: Der Anscheinsbeweis gilt nicht bei solchen Kfz, die typischerweise nur betrieblich genutzt werden, z. B. Werkstattwagen (Kastenwagen) mit Verblendung der hinteren Fenster und Einbauten, Lastwagen, Zugmaschinen.

Von der Entnahme aufgrund der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz zu unterscheiden ist die Überlassung eines Dienstwagens an einen Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung; beim Arbeitnehmer scheidet der Ansatz eines geldwerten Vorteils aus, wenn ihm die Privatnutzung ausdrücklich untersagt ist.

Arbeit-von-Morgen-Gesetz

Inzwischen wurde das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung („Arbeit-von-Morgen-Gesetz“, s. hierzu die letzte Ausgabe dieser Mandanten-Information) verabschiedet. U. a. entfällt damit für Bezieher von Kurzarbeitergeld, die während des Arbeitsausfalls als Minijobber eine Nebentätigkeit in systemrelevanten Branchen aufnehmen, ab April die Anrechnung des daraus erzielten Einkommens auf das Kurzarbeitergeld. Darüber hinaus sind die Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung rückwirkend zum 1.3.2020 in Kraft getreten.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Arztkosten nach Arbeitsweg-Unfall

Ein Arbeitnehmer, der auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall erleidet, kann die daraus resultierenden Arztkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit absetzen. Diese Kosten sind nicht mit der Entfernungspauschale abgegolten, sondern können zusätzlich zur Entfernungspauschale abgesetzt werden.

Hintergrund: Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte werden mit einer Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer (einfache Strecke) steuerlich berücksichtigt. Durch die Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch den Weg zwischen Wohnung und Arbeit veranlasst sind.

Sachverhalt: Die Klägerin war Arbeitnehmerin und hatte im Jahr 2013 auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall, bei dem sie sich schwer verletzte. Infolgedessen wurde sie im Jahr 2014 im Gesicht operiert. Die Kosten wurden zum Teil von der Berufsgenossenschaft übernommen. Den verbleibenden Kostenanteil von ca. 2.400 € machte die Klägerin als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Arztkosten sind beruflich veranlasst, da die Fahrt von der Wohnung zur Arbeit beruflich veranlasst war. Sie sind daher grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit absetzbar.
  • Die Arztkosten sind nicht mit der Entfernungspauschale abgegolten. Die Entfernungspauschale gilt nur die fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen ab, z. B. die Reparaturkosten für das beschädigte Kfz.
  • Die Abgeltungswirkung gilt nicht für Arztkosten, die aufgrund der Heilbehandlung infolge des beruflich veranlassten Kfz-Unfalls entstehen. Arztkosten sind keine fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen, also keine beruflichen Mobilitätskosten.

Hinweise: Das Urteil ist in Bezug auf den Abzug der Arztkosten erfreulich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Erstattung von der Krankenversicherung, von der Berufsgenossenschaft oder vom Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung abzuziehen sind, so dass nur ein etwaiger Differenzbetrag als Werbungskosten abgezogen werden kann.

Nicht positiv sind jedoch die Ausführungen des BFH zu den Reparaturkosten des Kfz, die im aktuellen Fall nicht streitig waren. Der BFH erkennt Reparaturkosten nämlich nicht als Werbungskosten an, weil sie mit der Entfernungspauschale abgegolten seien. Großzügiger ist insoweit die Finanzverwaltung, die Unfallkosten grundsätzlich als Werbungskosten zusätzlich zur Entfernungspauschale anerkennt.

Vermieter

Anteiliger Schuldzinsenabzug bei Immobilien-Darlehen

Nimmt ein Steuerpflichtiger ein Darlehen für die Herstellung eines Gebäudes mit mehreren Eigentumswohnungen auf, die zum Teil vermietet und zum Teil verkauft werden sollen, kann er die Darlehenszinsen nur anteilig abziehen, soweit das Darlehen nämlich für die Herstellung der vermieteten Wohnungen verwendet wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerpflichtige das Darlehen ausschließlich den Herstellungskosten für die vermieteten Wohnungen zugeordnet hat.

Hintergrund: Darlehenszinsen können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn das Darlehen für die Anschaffung oder Herstellung einer Immobilie verwendet wird, die vermietet wird. Wird die Immobilie auch selbstgenutzt, können die Zinsen insoweit nicht abgezogen werden. Ein vollständiger Zinsabzug ist nur möglich, wenn das Darlehen vollständig dem vermieteten Teil der Immobilie zugeordnet wird.

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im November 2009 ein unbebautes Grundstück zum Preis von ca. 88.000 €, das sie mit einer aus drei Wohnungen bestehenden Wohnanlage bebauen wollte. Die Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 sollten vermietet werden, während die Klägerin die Wohnung Nr. 3 zum Preis von 150.000 € an ihre Tochter verkaufen wollte. Die Klägerin begann am 20.9.2010 mit dem Bau und nahm zur Finanzierung der Herstellungskosten, die sich auf etwa 425.000 € belaufen sollten, ein Darlehen über 160.000 € auf. Außerdem verkaufte sie bereits während der Bauphase die Wohnung Nr. 3 an ihre Tochter und setzte den Kaufpreis von 150.000 € ebenfalls für die Herstellung ein. Den Rest der Herstellungskosten finanzierte sie mit Eigenmitteln. Alle Gelder (Darlehen, Kaufpreis und Eigenmittel) flossen auf ein einziges Konto der Klägerin und wurden von dort an die Bauunternehmer überwiesen. Die Klägerin machte die gesamten Darlehenszinsen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Zinsen nur anteilig an, nicht aber den auf die Wohnung Nr. 3 entfallenden Anteil der Zinsen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Grundsätze, die für die Finanzierung vermieteter und zugleich selbstgenutzter Immobilien gelten, greifen auch bei der Finanzierung von Immobilien, die zum Teil vermietet und zum Teil veräußert werden sollen.
  • Die Zinsen sind daher grundsätzlich nur anteilig abziehbar, soweit sie nämlich auf den vermieteten Teil entfallen. Soweit sie auf den zu verkaufenden Teil entfallen, sind die Zinsen nicht absetzbar.
  • Ein vollständiger Zinsabzug ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige das Darlehen vollständig dem vermieteten Teil der Immobilie zuordnet und zur Bezahlung der Herstellungskosten dieses Teils der Immobilie verwendet. Hierzu muss er die Herstellungskosten des vermieteten Teils ebenso gesondert ermitteln und ausweisen wie die Herstellungskosten des zu verkaufenden Teils der Immobilie und darf das Darlehen dann nur dazu verwenden, diejenigen Herstellungskosten zu bezahlen, die auf den vermieteten Teil entfallen.
  • Im Streitfall hat die Klägerin alle Finanzierungsmittel auf einem Konto gemischt, nämlich das gesamte Darlehen, den Kaufpreis und die Eigenmittel und hat damit das Darlehen nicht ausschließlich dem vermieteten Teil zugeordnet. Zudem hat sie die Herstellungskosten der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 nicht getrennt von den Herstellungskosten der Wohnung Nr. 3 ermittelt und ausgewiesen.

Hinweise: Unbeachtlich ist, dass die Klägerin den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 3 für die Herstellung der Wohnungen Nr. 1 und Nr. 2 eingesetzt hat. Denn es fehlte bereits an einer ursprünglichen Darlehenszuordnung.

Diese in der Praxis aufwändige Darlehenszuordnung ist für den vollständigen Zinsabzug nicht nur bei einer Immobilie erforderlich, die zum Teil vermietet und zum Teil selbst genutzt wird, sondern nach dem aktuellen BFH-Urteil auch bei einer Immobilie, die zum Teil vermietet und zum Teil verkauft werden soll.

Der Aufteilungsmaßstab für den Abzug kann sich an den Miteigentumsanteilen für die einzelnen Wohnungen orientieren. Da auf die verkaufte Wohnung Nr. 3 Miteigentumsanteile in Höhe von 347/1.000 entfielen, waren lediglich 653/1000 der Zinsen absetzbar, also 65,3 %.

Soweit die Klägerin durch den Verkauf der Wohnung Nr. 3 einen Spekulationsgewinn erzielt hat, können die Zinsen, die auf die Herstellung der Wohnung Nr. 3 entfallen, den Spekulationsgewinn mindern; hierüber bestand allerdings kein Streit zwischen der Klägerin und dem Finanzamt.

Alle Steuerzahler

Corona-Steuerhilfegesetz

Der Bundestag hat am 28.5.2020 mit dem sog. Corona-Steuerhilfegesetz weitere steuerliche Hilfen im Zusammenhang mit der Corona-Krise verabschiedet. Neben einem ermäßigten Steuersatz für bestimmte Gastronomie-Umsätze enthält das Gesetz eine Freistellung für Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und eine gesetzliche Grundlage für den sog. Corona-Bonus i. H. von 1.500 €.

Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen:

Ermäßigter Steuersatz für die Gastronomie: Der Umsatzsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen wird – zeitlich befristet – von 19 % auf 7 % gesenkt. Dies gilt nicht für Getränke, für die der Steuersatz weiterhin 19 % beträgt. Die Senkung gilt für den Zeitraum vom 1.7.2020 bis 30.6.2021, also für ein Jahr.

Hinweis: Die Senkung soll insbesondere Gastronomiebetrieben helfen, die nun bei unveränderten Preisen einen höheren Nettobetrag behalten können, nämlich rund 11 %. Der ermäßigte Steuersatz gilt auch für Cafés, Fleischereien oder Catering-Betriebe, die Speisen verkaufen, die bislang einem Steuersatz von 19 % unterliegen.

Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld: Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung werden Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt steuerfrei gestellt. Die Steuerbefreiung gilt für Lohnzeiträume vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2020, also für zehn Monate.

Hinweise: Soweit die Zuschüsse seit März 2020 der Lohnsteuer unterworfen wurden, können die Lohnsteueranmeldungen korrigiert werden. Die steuerfreien Zuschüsse unterliegen dem Progressionsvorbehalt und erhöhen damit den Steuersatz für die steuerpflichtigen Einkünfte.

Corona-Bonus: Der mit einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums eingeführte steuerfreie „Corona-Bonus“ für Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 1.500 € (s. hierzu unsere Mandanten-Information des vergangenen Monats) wird nun auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Damit sind Zahlungen i. H. von bis zu 1.500 € jährlich steuerfrei, wenn der Bonus an die Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn im Zeitraum vom 1.3.2020 bis 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise gezahlt wird. Eine Gehaltsumwandlung ist wegen des Erfordernisses der zusätzlichen Zahlung nicht möglich.

Hinweis: Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Sollten sich Änderungen ergeben, wovon nach derzeitigem Stand (2.6.2020) nicht auszugehen ist, werden wir berichten.

Steuerfreier Spekulationsgewinn trotz Vermietung kurz vor Veräußerung

Ein Spekulationsgewinn, der beim Verkauf einer Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung entsteht, ist steuerfrei, wenn die Immobilie mit Ausnahme einer kurzfristigen Vermietung im Jahr des Verkaufs selbstgenutzt war. Ausreichend ist, dass der Steuerpflichtige die Immobilie in den beiden Jahren vor der Veräußerung und mindestens am ersten Tag im Veräußerungsjahr und damit in drei Veranlagungszeiträumen selbst genutzt hat.

Hintergrund: Zu den sonstigen Einkünften gehören Spekulationsgewinne. Bei Immobilien entsteht ein Spekulationsgewinn, wenn die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung mit Gewinn verkauft wird. Der Gesetzgeber behandelt den Spekulationsgewinn jedoch nicht als steuerpflichtig, wenn die Immobilie selbst genutzt worden ist. Die Selbstnutzung muss entweder im gesamten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung stattgefunden haben oder aber im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren, wobei ein Leerstand zwischen Selbstnutzungsende und Veräußerung grundsätzlich unschädlich ist.

Sachverhalt: Der Kläger erwarb 2006 eine Eigentumswohnung, in der er bis einschließlich April 2014 selbst wohnte. Im Mai 2014 zog er aus der Wohnung aus und vermietete sie bis Dezember 2014. Im Dezember 2014 verkaufte er die Wohnung mit Gewinn. Das Finanzamt ging von einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) sah den Spekulationsgewinn als steuerfrei an und gab der Klage statt:

  • Zwar sind grundsätzlich die Voraussetzungen eines Spekulationsgewinns erfüllt, weil der Kläger die Wohnung innerhalb von zehn Jahren mit Gewinn verkauft hat. Für den Kläger greift jedoch keine Steuerpflicht, weil er die Wohnung selbst genutzt hat.
  • Nach dem Gesetz genügt es, dass die Immobilie in den beiden Jahren vor der Veräußerung, also hier in den Jahren 2012 und 2013, und im Jahr der Veräußerung, hier im Jahr 2014, selbst genutzt wurde. Die Selbstnutzung muss weder im zweiten Jahr vor der Veräußerung, also im Jahr 2012, noch im Jahr der Veräußerung (2014) ganzjährig erfolgt sein. Erforderlich ist allerdings ein zusammenhängender Zeitraum der Selbstnutzung, der sich über drei Jahre erstreckt, ohne dass diese ausgefüllt werden müssen. Nur im Jahr vor der Veräußerung (2013) muss die Selbstnutzung ganzjährig stattgefunden haben.
  • Im Streitfall hat der Kläger die Voraussetzungen für eine die Steuerpflicht beseitigende Selbstnutzung erfüllt: Er hat die Wohnung im Jahr 2012 bis zum 31.12.2012, anschließend ganzjährig im Jahr 2013 und schließlich vom 1.1.2014 an selbst genutzt. Diese Selbstnutzung war zusammenhängend und erstreckte sich über drei Jahre. Dass er die Selbstnutzung ab Mai 2014 beendete und bis zum Tag der Veräußerung im Dezember 2014 vermietete, ist unschädlich, weil sich die Selbstnutzung über drei Kalenderjahre erstreckt hat, ohne dass die Selbstnutzung in den Jahren 2012 und 2014 ganzjährig gewesen sein muss.

Hinweise: Im Ergebnis muss die Selbstnutzung lediglich ein Jahr und zwei Tage umfassen, nämlich den Zeitraum vom Beginn des 31.12.2012 an bis einschließlich 1.1.2014. Eine Vermietung ab dem 2.1.2014 ist dann unschädlich, wenn die Wohnung noch im Jahr 2014 verkauft wird; gleiches gilt für eine Vermietung bis zum 30.12.2012. Der BFH ist damit der Auffassung des Finanzamts nicht gefolgt, das eine Selbstnutzung bis zum Tag des Verkaufs verlangt hat.

Steuerfrei ist der Spekulationsgewinn im Übrigen auch dann, wenn die Selbstnutzung durchgängig zwischen Anschaffung und Verkauf erfolgt ist. Dies wird relevant, wenn die Immobilie nicht in drei Veranlagungszeiträumen, sondern nur kurze Zeit gehalten worden ist, also z. B. nur ein Jahr.

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